Ägyptischer Frühling

Von den erfolgreichen Demonstrationen in Tunesien inspirierte Ägypter hatten im Internet zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen. Der Sturz des tunesischen Diktators Ben Ali nach mehr als zwei Jahrzehnten an der Macht hat die arabische Welt, wo viele Menschen unter autoritärer Herrschaft, Arbeitslosigkeit und steigenden Preisen leiden, aufgerüttelt.

Chronologie der Ereignisse

25.01.11

Rund 15.000 Menschen demonstrieren gegen die Regierung von Präsident Husni Mubarak auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo und in anderen Städten.
Die Menschen fordern politische und soziale Reformen:

  • den Rücktritt von Präsident Husni Mubarak,
  • die Aufhebung des seit Jahrzehnten geltenden Ausnahmezustands
  • und eine Erhöhung des Mindestlohns.

In der Hafenstadt Sues eröffnet die Polizei das Feuer auf Demonstranten. Drei Demonstranten werden getötet, ein Polizist erliegt seinen Verletzungen

26.01.11

Erneut kommt es zu Kundgebungen. Die Regierung lässt die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter sperren, um die Organisation von Demonstrationen zu verhindern.

27.01.11

Auf Anweisung der Regierung wird Ägypten nahezu komplett vom Internet getrennt, die Mobilfunknetze abgeschaltet.

28.01.11

Demonstrationen mit schwersten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, 35 Menschen sterben.
Eine größer werdende Gruppe Demonstranten beschließt, solange auf dem Tahrir-Platz zu übernachten, bis ihre Forderungen erfüllt werden.

01.02.11

Allein in der Hauptstadt Kairo demonstrieren bei dem „Marsch der Millionen“ bis zu zwei Millionen Menschen.
An den darauffolgenden Tagen kommt es immer wieder zu Übergriffen von Schlägertrupps auf Demonstranten und Journalisten.

11.02.11

Der ägyptische Präsident Husni Mubarak zieht sich weitestgehend von seinen Ämtern zurück, ein Militärrat übernimmt die Amtsgeschäfte

08.03.11

Tausende Ägypterinnen demonstrieren am Internationalen Frauentag auf dem Tahrir-Platz für Gleichberechtigung. Dabei kommt es zu sexuellen Übergriffen von mehreren Männern gegen Demonstrantinnen.

08.07.11

Hunderte ägyptische Oppositionelle haben aus Protest gegen die Politik des Militärrates erneut Zelte auf dem al-Tahrir-Platz aufgeschlagen.

01.08.11

Das Protestcamp auf dem Tahrir-Platz wird durch Bereitschaftspolizei gewaltsam geräumt

23.11.11

Seit dem 18. November kam es auch auf dem Tahrir-Platz ununterbrochen zu Demonstrationen und Straßenschlachten.

28.11.11

Am 28. November wählte das ägyptische Volk ein neues Parlament.

Bisher

Bisher sind bei den Demonstrationen mehr als 840 Menschen zu Tode gekommen, etwa 8400 Menschen wurden verletzt.
Wiederholt wurden durch den Militärrat gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen initiiert, um soziale Unruhen zu provozieren.

Seitdem

Seit der Einsetzung des Militärrates werden ägyptische Demonstranten, Journalisten oder Blogger unter fadenscheinigen Vorwürfen verhaftet und in Schnellverfahren vor dem Militärgericht zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Amnesty International zufolge waren 12.000 Zivilisten betroffen, 13
Menschen wurden zum Tode verurteilt. Auch Folter wird weiterhin durch das Militär praktiziert.

Die Proteste des „arabischen Frühlings“, ihre Protestform der Besetzung zentraler öffentlicher Plätze, inspirierte Demonstranten in Spanien und Amerika und führte
schließlich weltweit zur Entstehung der Occupy-Bewegung, die eine wahre demokratische Struktur der Gemeinwesen fordert, sozialere Zielsetzungen des politischen Handelns, und eine Reform des Bankenwesens.