Blockupy Frankfurt – Plakat

ESM?

Was ist der ESM?

Der im Mai 2010 beschlossene, temporäre Rettungsfond ESFS (Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität) soll bald durch einen neuen, dauerhaften Rettungsfond ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) abgelöst werden.

Grob gesagt legen bei diesen Fonds (die "Rettungsschirme") gewisse EU-Länder (England z.B. nicht) zusammen in einen "Topf" (ob wie bei dem ESFS nur mit Bürgschaften, oder wie bei dem ESM mit zusätzlichem "echtem" Geld), um zum einen bei drohenden Staatspleiten aushelfen zu können ("Finanzspritzen") und zum anderen durch diese Versicherung Vertrauen zu schaffen ("Märkte beruhigen"). Wer nun was mit diesem Topf machen darf, wird zwischen den beteiligten EU-Ländern in dem ESM-Vertrag festgelegt, dessen Umsetzung im Juli 2011 beschlossen wurde.

Es existiert ein vorläufiger Entwurf dieses Vertrags (hier die deutsche Übersetzung), auf dessen Ratifizierung seitens der Politiker (insbesondere Merkel und Sarkozy) gedrängt wird.

Eckpunkte des Vertrags

  • Stammkapital
    • 700 Mrd  € (620 Mrd. Bürgschaften + 80 Mrd. € Bar) [ESM Vertrag: Artikel 8]
  • Entscheidungsorgane
    • Gouverneursrat (Finanzpolitiker) [ESM Vertrag: Artikel 5]
    • Direktorat (Fachmenschen) [ESM Vertrag: Artikel 6]

Gründe für den Vertrag

  • Staatsbankrott der Problemländer und damit das Auseinanderbrechen der EU durch Finanzspritzen verhindern [ESM Vertrag: Präambel (6)]
  • Vertrauen durch die Sicherheit der Rücklage schaffen, um…
    • …den Problemländern weiterhin günstige Kredite zu ermöglichen ("gute Ratings"), mit Hilfe derer sie die Krise überwinden, indem sie (durch geschickte Investition dieser Kredite) jährlich mehr Wachstum generieren, als Schulden durch Zinslast entsteht.
    • …Schwarmeffekte (z.B. Kapitalflucht oder negative Feedbackschleifen) zu verhindern, die sich überaus negativ auf die betroffenen Staaten und am Ende auch die EU auswirken können
  • Überwachungsmaßnahmen und Sanktionen institutionalisieren, die Sparmaßnahmen bei denjenigen EU-Staaten erzwingen ("Dem Faß einen Boden geben") sollen, die von den Finanzspritzen Gebrauch machen.

Mögliche Kritik an dem Vertrag

  • Weiche Volumengrenze: Der Gouverneursrat kann die Höhe des Stammkapitals erweitern [ESM Vertrag: Artikel 5, Absatz 6c]. Hierfür ist Einstimmigkeit notwendig (= jedes Land hat Vetorecht). Es müssen allerdings nur 2/3 aller Gouverneure anwesend sein [ESM Vertrag: Artikel 4, Absatz 2] und im Notfall (durch EU-Kommision und EZB ausgerufen) reichen 85% Zustimmung. [ESM Vertrag: Artikel 4, Absatz 4]

  • Ungewählte Gewalt: Mit dem Direktorat legt man Entscheidungsgewalt in die Hände von nicht demokratisch gewählten Personen, die z.B. mit einfacher Mehrheit darüber entscheiden können, wann Bürgschaften in Bar umzuwechseln sind – d.h. wann die EU-Länder mehr Geld einzahlen müssen. [ESM Vertrag: Artikel 9, Absatz 2]

  • Mögliche Befangenheit: In dem Direktorat könnten diejenigen Menschen sitzen, die diese Krise bewusst mit verursacht (und davon profitiert) haben, da diese mitunter die meisten Erfahrungen in diesen Bereichen haben (analog zu Asmussen). Ob diese Menschen im Sinne des Gemeinwohls, bzw. zum Wohle Europas handeln werden, ist zweifelhaft.

  • Institutionalisierte Intransparenz: Da die Versammlungen nicht öffentlich und sämtliche Dokumente (sowie sämtliche Räume, Gegenstände, usw.)  unverletzlich sein werden [ESM Vertrag: Artikel 32, Absatz 5 u. 6], kann das Insiderwissen, welches dort entsteht und ausgetauscht wird, den Direktoren (und Gouverneuren) einen besonderen Vorteil auf dem Finanzmarkt verschaffen. Der interessierten Öffentlichkeit ist es nicht möglich, einen Einblick darin bekommen, wie sie regiert wird.

  • Persönliche Vorteile: Sämtliche Direktoren genießen (neben den Gouverneuren) gerichtliche Immunität [ESM Vertrag: Artikel 35, Absatz 1] und deren Gehälter sind von Steuern befreit [ESM Vertrag: Artikel 4, Absatz 4].

  • Sparsames Wachstum: Sparmaßnahmen können sich negativ auf das Wachstum auswirken, welches in jedem Fall für die Überwindung der Krise als notwendig erachtet wird. Kürzungen im sozialen Bereich könnten dazu führen, dass mehr Menschen auf Schwarzarbeit angewiesen sind. Kürzungen im Bildungsbereich könnten längerfristig zu Fachpersonalmangel führen, da weniger Menschen sich Bildung leisten können.

  • Beteiligungsdefizit des Privatsektors: Der Privatsektor wird nur ungenügend beteiligt – eine solche Beteiligung wird (auch nur in der Präambel stehend, also nicht bindend) "in Ausnahmefällen [...] in Erwägung gezogen" [ESM Vertrag: Präambel (12)]

  • Rolle des IWF: ESM soll bei (im Grunde politischen) Entscheidungen eng mit dem IWF zusammenarbeiten [ESM Vertrag: Präambel (6)] Allerdings gewährt man dem IWF als Gläubiger Vorrang vor dem ESM [ESM Vertrag: Präambel (13)]

  • Verletzung von EU-Recht: Im europäischen "Verfassungsrecht" wurde einst festgelegt dass weder die EU, noch ein EU-Land für die Schulden eines anderen EU-Landes aufkommen soll (Nichtbeistandsklausel). Um den ESM zu ermöglichen, wird deshalb dieser grundsätzliche Vertrag einfach angepasst [ESM Vertrag: Präambel (2)].

  • Gefährdung der Souveränität: Zum einen durch die Überwachungsmechanismen und die damit verbundenen, angedrohten Sanktionen bei Nicht-Einhaltung der Sparmaßnahmen, zum anderen durch die Zahlungsweisungen, denen die ESM-Länder bedingungslos Folge zu leisten haben, wird in die bisherige Souveränität der EU-Länder über ihren jeweiligen Landeshaushalt bedenklich weit hineingegriffen.

  • Tendenz der Zentralisierung: Mit dieser Institution – insbesondere wegen ihrer juristischen Form – schreitet die EU einen Schritt weiter in Richtung der intransparenten Zentralisierung von Entscheidungskompetenzen (hinsichtlich Souveränitätsverlust, Intransparenz, Immunität, usw.). Zumindest sollte in Krisenzeiten genau darauf geachtet werden, welche Hintertüren unter Umständen in Gesetzen verankert werden, die in Eilverfahren als für die Überwindung der Krise notwendig durchgesetzt werden.

  • Ausbleibender Paradigmenwechsel: Der Rettungsschirm bekämpft hauptsächlich nur kurzfristig die Symptome der Fehler des Finanzsystems. Eine langfristige, nachhaltige Lösung wird damit nicht angegangen – diese bleibt nach wie vor abhängig von dem Paradigma des notwendigen exponentiellen Wachstums.

Ausführliche Standpunkte

(Hauptsächliche Quellen für diesen Artikel)

    Bear Raids – Manipulation des Aktienmarktes

    Zusammenfassung

    In der wissenschaftlichen Arbeit "Evidence of market manipulation in the financial crisis" liefern Vedant Misra, Marco Lagi und Yaneer Bar-Yam die ersten konkreten Hinweise darauf, dass der Kurs der Citigroupaktien kurz nach Aufgabe der "uptick rule" und kurz vor dem Anfang der Finanzkrise 2007 im Sinne eines "bear raids" manipuliert wurde. Sämtliche hier dargestellten Informationen stammen aus dieser Arbeit und können in dieser Nachgelesen werden.

    Wortbedeutungen

    Leerverkauf
    Verkaufsgarantie von Wertpapieren (Waren) zu einem bestimmten, zukünftigen Zeitpunkt

    bear raid
    Illegales Geschäft eines Zusammenschlusses von Aktionhändlern:
    1) Synchroner Erwerb von Leerverkäufen zu hohem Preis
    2) Preissenkung der Aktie durch gleichzeitigen Verkauf von vielen Aktien (+ ggf. Verbreiten von negativen Nachrichten),
    3) Kauf von Aktien zu niedrigem Preis zur Einhaltung der Leerverkäufe

    uptick rule
    Leerverkauferfüllung nur durch Wertpapiere (Waren), deren Wert gestiegen ist

    SEC
    U.S. Securities and Exchange Commission (nach dem Börsencrash von 1928 gegründet, um weitere Finanzkrisen durch Regulation, insbesondere der Leerverkäufe, zu verhindern)

    Zeitleiste

     

    1928 Börsencrash  
    1938 uptick rule von SEC erlassen  
    07.2007 uptick rule von SEC gestrichen  
    01.11.07 ungewöhnliche Zunahme an totalem Handelsvolumen1 + 93 Millionen $
    (3.7 x Durchschnitt2)
    ungewöhnliche Zunahme an Leerverkäufen1 + 130 Millionen $
    (3.8 x Durchschnitt2)
    Abnahme des Werts - 6,9 %
    07.11.07
    ungewöhnliche Abnahme an Leerverkäufen1 - 202 Millionen $
    Totales Handelsvolumen1 + 121 Millionen $
    ab 2007 Finanzkrise  
    2009 Konditionale update rule von SEC erlassen 10% Wertverfall pro Tag erlaubt

    1 bzgl. Citigroupaktien
    2 Durchschnitt von 3 Monaten

    Schlussfolgerungen

    • Gewinn bei illegalem Geschäft insgesamt ca. 640 Millionen $
    • Modellanpassung: Die zugrundeliegenden Modelle für den Aktionmarkt sollten derart angepasst werden, dass eine Erkennung von Manipulation möglich ist
    • Transparenz: Die vom Aktienhandel generierten Daten sollten zumindest regulativen Instanzen oder für wissenschaftliche Untersuchungen zugänglich sein
    • Gesetzgebung: Statt im Nachhinein rechtliche Maßnahmen zu ergreifen, falls eine kriminelle Handlung überhaupt entdeckt werden kann, sollten präventive Maßnahmen vor solchen Manipulationen schützen (z.B. update rule)

    Zitate

    Interpretations and analyses of financial markets should consider the possibility that the intentional actions of individual actors or coordinated groups can impact market behavior. Markets are not sufficiently transparent to reveal or prevent even major market manipulation events. Our results point to the need for regulations that prevent intentional actions that cause markets to deviate from equilibrium value and contribute to market crashes.

    FCIC concluded that the crisis was avoidable and was caused in part by “widespread failures in financial regulation and supervision [that] proved devastating to the stability of the nation’s financial markets”

    Methods for detecting manipulation and its effects are necessary to both inform and enforce policy.

    Ägyptischer Frühling

    Von den erfolgreichen Demonstrationen in Tunesien inspirierte Ägypter hatten im Internet zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen. Der Sturz des tunesischen Diktators Ben Ali nach mehr als zwei Jahrzehnten an der Macht hat die arabische Welt, wo viele Menschen unter autoritärer Herrschaft, Arbeitslosigkeit und steigenden Preisen leiden, aufgerüttelt.

    Chronologie der Ereignisse

    25.01.11

    Rund 15.000 Menschen demonstrieren gegen die Regierung von Präsident Husni Mubarak auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo und in anderen Städten.
    Die Menschen fordern politische und soziale Reformen:

    • den Rücktritt von Präsident Husni Mubarak,
    • die Aufhebung des seit Jahrzehnten geltenden Ausnahmezustands
    • und eine Erhöhung des Mindestlohns.

    In der Hafenstadt Sues eröffnet die Polizei das Feuer auf Demonstranten. Drei Demonstranten werden getötet, ein Polizist erliegt seinen Verletzungen

    26.01.11

    Erneut kommt es zu Kundgebungen. Die Regierung lässt die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter sperren, um die Organisation von Demonstrationen zu verhindern.

    27.01.11

    Auf Anweisung der Regierung wird Ägypten nahezu komplett vom Internet getrennt, die Mobilfunknetze abgeschaltet.

    28.01.11

    Demonstrationen mit schwersten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, 35 Menschen sterben.
    Eine größer werdende Gruppe Demonstranten beschließt, solange auf dem Tahrir-Platz zu übernachten, bis ihre Forderungen erfüllt werden.

    01.02.11

    Allein in der Hauptstadt Kairo demonstrieren bei dem „Marsch der Millionen“ bis zu zwei Millionen Menschen.
    An den darauffolgenden Tagen kommt es immer wieder zu Übergriffen von Schlägertrupps auf Demonstranten und Journalisten.

    11.02.11

    Der ägyptische Präsident Husni Mubarak zieht sich weitestgehend von seinen Ämtern zurück, ein Militärrat übernimmt die Amtsgeschäfte

    08.03.11

    Tausende Ägypterinnen demonstrieren am Internationalen Frauentag auf dem Tahrir-Platz für Gleichberechtigung. Dabei kommt es zu sexuellen Übergriffen von mehreren Männern gegen Demonstrantinnen.

    08.07.11

    Hunderte ägyptische Oppositionelle haben aus Protest gegen die Politik des Militärrates erneut Zelte auf dem al-Tahrir-Platz aufgeschlagen.

    01.08.11

    Das Protestcamp auf dem Tahrir-Platz wird durch Bereitschaftspolizei gewaltsam geräumt

    23.11.11

    Seit dem 18. November kam es auch auf dem Tahrir-Platz ununterbrochen zu Demonstrationen und Straßenschlachten.

    28.11.11

    Am 28. November wählte das ägyptische Volk ein neues Parlament.

    Bisher

    Bisher sind bei den Demonstrationen mehr als 840 Menschen zu Tode gekommen, etwa 8400 Menschen wurden verletzt.
    Wiederholt wurden durch den Militärrat gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen initiiert, um soziale Unruhen zu provozieren.

    Seitdem

    Seit der Einsetzung des Militärrates werden ägyptische Demonstranten, Journalisten oder Blogger unter fadenscheinigen Vorwürfen verhaftet und in Schnellverfahren vor dem Militärgericht zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Amnesty International zufolge waren 12.000 Zivilisten betroffen, 13
    Menschen wurden zum Tode verurteilt. Auch Folter wird weiterhin durch das Militär praktiziert.

    Die Proteste des „arabischen Frühlings“, ihre Protestform der Besetzung zentraler öffentlicher Plätze, inspirierte Demonstranten in Spanien und Amerika und führte
    schließlich weltweit zur Entstehung der Occupy-Bewegung, die eine wahre demokratische Struktur der Gemeinwesen fordert, sozialere Zielsetzungen des politischen Handelns, und eine Reform des Bankenwesens.
     

    Elmar Altvater – “Der große Krach” (Vortrag 11/2011)

    Viele Menschen sind besorgt und wütend: Großbanken werden jetzt erneut mit öffentlichem Geld gerettet, die Regulierung der Finanzwelt wurde aber versäumt. Mehr noch: Die europäische "Krisenpolitik" verschärft die Krise, vertieft auf drastische Weise die soziale Spaltung Europas und ermöglichte zusätzliche Gewinne für große Vermögen. In dieser Situation gehen Hunderttausende in Europa, an der Wallstreet und anderswo auf die Straßen.

    Elmar Altvater, Ökonom und Politikwissenschaftler, em. Professor an der FU Berlin ist Autor mehrerer Bücher zu den Krisen und Folgen der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung. Altvater war Mitglied der Enquête-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft des Deutschen Bundestages und ist aktiv im Wissenschaftlichen Beirat von Attac. Veröffentlichungen u.a.: Grenzen der Globalisierung, Das Ende des Kapitalismus wie wir ihn kennen , Der große Krach

    Elmar Altvater – "Der große Krach" (Vortrag 11/2011) from occupyos on Vimeo.

    Prof. Franz Hörmann bei Beckmann

    Bankenaufsicht light: Wie staatliche Kontrolle versagt hat

    ARD Monitor 9/2009:

    Hintergründe zu Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen

    Lebenslauf von Jörg Asmussen

    ARD "Report" 7/2009:

    Jörg Asmussen wird nun übrigens neuer EZB-Chef-Volkswirt…

    Retten wir die Zukunft statt die Banken!

    Hallo, mein Name ist Sebastian, ich bin Student, Lagerarbeiter und mache bei den Orga-Versammlungen für occupy Osnabrück mit. Es freut mich, dass Ihr alle heute hier seid, um zusammen mit tausenden anderen Menschen überall in Deutschland und der Welt ein unmissverständliches Zeichen zu setzen.

    Ich bin hier, weil ich nicht länger schweigen will zu den menschenverachtenden Geschäften der Casino- Kapitalisten, zu den skrupellosen Gewinnmaximierungs- Orgien der Großkonzerne und zu der diese Verhältnisse gewissenlos fördernden und stützenden Politik.

    In Griechenland konnte man gerade gut beobachten, wie die Demokratie mit Füßen getreten wird, wenn es um die Aufrechterhaltung des Systems geht. Statt einer Volksabstimmung über das im Interesse der Gläubiger zusammengeschusterte Sparpaket bekommt die griechische Bevölkerung jetzt einen „Experten“ als Premierminister, der bis vor kurzem in den Spitzengremien der Europäischen Zentralbank saß. Da wird der Bock zum Gärtner gemacht. Auch in Italien zeichnet sich die Bildung einer „Expertenregierung“ ab, die demnächst den Menschen dort den „Gürtel“ schon enger schnallen wird, damit die hinter den ach so geheimnisvollen „Märkten“ stehenden Personen sich weiterhin an Italiens Staatsverschuldung bereichern können.

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